KSC141015 KŌBŌ DAIDAI Seladon Hoher Teller Suzuki Takashi, Nebukawa KINTEI Sense, Keramik, Japan 2 Teller übereinander, eins umgedreht
WERKSTATT

KŌBŌ DAIDAI

工房 橙

TÖPFER

SUZUKI TAKASHI

鈴木 隆


STECKBRIEF

       
Ort Nebukawa, Kanagawa Präfektur, Japan
Gegründet 2001 Erste Ausstellung, 2006 Atelier und Galerie Kōbō Daidai
Stil Seladon (Shiraji), Kaiyū Ascheglasur
Ofen Heizölofen
Ton Lokaler gemischter Ton
Glasur Seladon (Shiraji), Mikan Kaiyū Ascheglasur

Zitrusbäume, Schneeflocken und Gitarren

Suzuki Takashi aus der Werktstatt Kōbō Daidai ist ein außergewöhnlicher Quereinsteiger mit einem überraschenden Lebenslauf. Als Buchhandlungsangestellter hatte Suzuki-san, ein leidenschaftlicher Blues-Gitarrist, ursprünglich keinen Bezug zur Keramik. Nichtsdestotrotz, startete er im Alter von 35 Jahren sein neues professionelles Leben als Keramiker.

An einem regnerischen Nachmittag besuchte ich Suzuki Takashi in seiner kleinen Werkstatt Kōbō Daidai in Nebukawa, nur eine knappe Stunde südlich von Tokio, nahe Odawara. Ziel war es mehr über seine Keramik, den Zusammenhang mit Zitrusbäumen und Schneeflocken zu verstehen. Da das Wetter den Meerblick von der Werkstatt aus trübte, lenkte es unsere Aufmerksamkeit ganz auf Suzukis Keramik.

KŌBŌ DAIDAI Werkstatt Suzuki Takashi, Nebukawa, Japan, KINTEI Sense Keramik Pazifik
KŌBŌ DAIDAI Werkstatt Suzuki Takashi, Nebukawa, Japan, KINTEI Sense Keramik Gitarre

EIN UNGEWÖHNLICHER WERDEGANG

Suzuki Takashi startete seine Karriere zunächst als Angestellter – Salaryman auf Japanisch - in einer Buchhandlungskette und stieß immer wieder durch Fachliteratur auf die Keramikkunst. Ende der 1990er Jahre entdeckte er seine wahre Leidenschaft und Berufung in einem Töpferkurs. Angesichts des digitalen Wandels in der Verlagsbranche wagte Suzuki-san daher Anfang der 2000er Jahre einen beruflichen Neuanfang als Keramiker.

Seine Mikan Ascheglasur- und Seladon-Kreationen fanden großen Anklang, so eröffnete er schließlich in 2006 seine eigene Werkstatt und Galerie Kōbō Daidai in Nebukawa. Heute stellt Suzuki-san seine Werke sowohl in Galerien und renommierten Department Stores wie Takashimaya als auch international aus . Neben seiner Arbeit als Keramiker bleibt Suzuki ein begeisterter Blues-Gitarrist.

Der Ursprung des Namens der Werkstatt Kōbō Daidai und der Mikan Ascheglasur

Suzuki-san entschied sich damals seine Werkstatt Kōbō Daidai in seiner Heimat zu gründen, obwohl diese Gegend nicht typisch für Keramikproduktion ist. Hier fand Suzuki die idealen Ressourcen für seine Mikan Ascheglasur: Die Asche der lokalen Mikan-Zitrusbäume, eine Art Mandarine, erwies sich nach unzähligen Experimenten als die perfekte Basis.

Es war wohl Schicksal, dass Takashi Suzuki seine Inspiration in der Shonan-Region fand, die früher für ihren umfangreichen Mikan-Anbau bekannt war. Auch Suzuki-sans Familie war einst im Anbau dieser Zitrusfrüchte aktiv. Obwohl die Mikan-Haine heute durch Klimaveränderungen und den Importhandel deutlich zurückgegangen sind, besitzt die Familie immer noch einige Hektar Land. Diese liefern Suzuki-san das notwendige Material, um seine einzigartige Mikan Ascheglasur herzustellen.

Suzuki Takashis Werkstatt ist heute in einer der ehemaligen Mikan-Lagerhallen untergebracht. Auch der Name seiner Werkstatt Kōbō „Daidai,“ bezieht sich auf die Zitrusfrüchte und ihre leuchtend orange Farbe. In Japan gelten Mikan zudem als glücksbringende Früchte, die häufig als Neujahrsdekoration verwendet werden.

KŌBŌ DAIDAI Werkstatt Suzuki Takashi, Nebukawa, Japan, KINTEI Sense Keramik Portrait in der Werkstatt

ZWEI KLARE LINIEN

Suzuki-san hat mit vielen verschiedenen Stilen experimentiert, doch zwei haben sich für ihn besonders herauskristallisiert: Mikan und Shiraji.

Mikan Kaiyū 蜜柑灰釉  (Zitrusascheglasur)

Die Mikan-Glasur von Takashi Suzuki verdankt ihren Namen der Asche lokaler Mikan-Zitrusbäume, einer speziellen Mandarinensorte, die in der Region von Suzuki-sans Familie angebaut wird. Diese einzigartige Ascheglasur vitrifiziert beim Brand und bildet somit eine glasartige Oberfläche, die in Japan als Bidoro (ビードロ) bekannt ist, was auf Portugiesisch „Glas“ bedeutet.

Charakteristisch für die Mikan Ascheglasur ist ihre funkelnde, blau-türkise Farbgebung, die je nach Schichtdicke der Glasur von intensiv und tief bis zart und durchscheinend variieren kann. Wie auch die Shiraji Seladon Glasur zeichnet sich die Mikan Glasur durch ein feines Netz aus Craquelés (Risse) aus, das ihren besonderen Charakter unterstreicht.

KSC141016 KŌBŌ DAIDAI Mikan Teller Suzuki Takashi, Nebukawa KINTEI Sense, Keramik, Japan Teller aufeinander, Rand, Detail von oben
KSC161007 KŌBŌ DAIDAI Seladon Dose Suzuki Takashi, Nebukawa KINTEI Sense, Keramik, Japan Dose Glasur Detail

Shiraji 白瓷 (Seladon)

Seladon zählt zu den anspruchsvollsten Keramikarten und hat seinen Ursprung in China. Besonders die Seladon-Waren der Song- und Yuan-Dynastien (11.-14. Jahrhundert) waren durch ihre eleganten Formen und ihre jadeähnliche, glatte Glasur weit über die Landesgrenzen hinaus begehrt. Es gibt viele Seladon-Variationen, darunter Suzuki Takashis Shiraji Seladon. Dieses Seladon weist ein schuppenartiges Craquelé auf - Kan’nyū (貫入) - welches Suzuki-san meisterhaft interpretiert und als schneeflockenartiges Craquelé beschreibt.

Kan’nyū (貫入) entsteht durch den Temperaturunterschied zwischen dem reduktiven Brand und der anschließenden Abkühlung. Da sich die Glasur beim Abkühlen stärker zusammenzieht als der Ton, entstehen feine Risse, durch die der Ton sichtbar wird und die mehrschichtige Glasur wie übereinanderliegende Schneeflocken erscheinen lässt. Dieses einzigartige Muster variiert: Je dicker die Glasur, desto größer die Flocken; an den Rändern, wo die Glasur dünner ist, sind die Kan’nyū-Risse feiner, was ein beeindruckendes Farb-Dégradé erzeugt.

Diese Technik erfordert ein hohes Maß an Wissen, Geduld und Präzision. Schon kleinste Temperaturschwankungen oder Änderungen in der chemischen Zusammensetzung von Ton oder Glasur können die Qualität der Kan’nyū-Risse beeinträchtigen und führen oft zu einer hohen Verlustrate. Suzuki-sans akribische Forschung und sein kompromissloses Engagement – jeder Brand dauert 18 Stunden, in denen er den Ofen kontinuierlich überwacht – verleihen seinen Shiraji Seladon-Kreationen eine unvergleichliche Eleganz und Feinheit.

KŌBŌ DAIDAI Werkstatt Suzuki Takashi, Nebukawa, Japan, KINTEI Sense Keramik Drehscheibe
KŌBŌ DAIDAI Werkstatt Suzuki Takashi, Nebukawa, Japan, KINTEI Sense Keramik Heizölofen

Ton, Technik, Brand

Ton

Die Wahl der Tonmischung ist entscheidend für die Qualität der Keramiken. Um die ideale Konsistenz und chemische Grundlage für seine Mikan Ascheglasur und Seladon-Kreationen zu erzielen, kombiniert Suzuki-san verschiedene Tonarten.

Für seine Mikan Kreationen verwendet Takashi Suzuki eine Mischung aus unraffiniertem, grobkörnigem rotem Seto-Ton und hellem Shigaraki-Ton. Der Kontrast zwischen dem hellen, leicht körnigen Ton mit Eisenflecken und der intensiven blauen Glasur lässt die Farben besonders lebendig erscheinen.

Für seine Shiraji Seladon Keramiken mischt Suzuki weißen, roten und dunklen Shigaraki-Ton mit kaolinhaltigem Porzellanton. Der gebrannte, geschmeidige schwarze Ton betont die weißen, schneeflockenartigen Craquelés der Seladon-Glasur und sorgt für einen starken Kontrast, der die feinen Details besonders gut zur Geltung bringt.

Technik

Suzuki Takashis Keramiken zeichnen sich durch ihre minimalistische Leichtigkeit und zeitlose Eleganz aus, unabhängig von der verwendeten Glasur. Seine Präzision in der Dreharbeit ist bemerkenswert und verleiht jedem Stück eine einzigartige Ausdruckskraft.

Um die Tiefe und Schichtung der Mikan Ascheglasur zu betonen, setzt Suzuki-san gezielt Einkerbungen am Rand der Stücke ein. Diese detailreiche Handwerkskunst hebt die Glasur in verschiedenen Ebenen hervor und bringt eine unvergleichliche Dynamik.

Zur Betonung des Kontrasts zwischen Ton und Glasur in seinen Shiraji Seladon Werken verwendet Suzuki Takashi die Shinogi-Dekorationstechnik – feine Einschnitte in den Ton, die Kanten und Formen noch prägnanter zur Geltung bringen. Diese Detailverliebtheit und sein handwerkliches Können unterstreichen die außergewöhnliche Qualität und Ästhetik seiner Werke.

Brand

Ursprünglich strebte Suzuki-san eher erdigere Keramikstile an und entschied sich daher für einen Heizölofen. Obwohl dieser Ofen für die feine Seladon-Keramik weniger geeignet ist, da er nicht die Präzision eines Gasofens bietet, hat Suzuki Takashi im Laufe der Zeit die optimale Nutzung seines Brennofens perfektioniert. Der Heizölofen verleiht seinen Seladon-Kreationen einen einzigartigen „Geschmack“ – einen eigenen Stil, der an die charaktervolle Keramik eines Holzbrandofens erinnert, aber auf etwas subtilere Art und Weise.

Suzuki-san brennt seine Keramiken in seiner Kōbō Daidai Werkstatt meist über 18 Stunden und kontrolliert dabei kontinuierlich die Temperatur, die Reduktion und Oxidation. Besonders die ersten 8 Stunden im reduktiven Brand erfordern ständige Anpassungen, sodass Suzuki seinen Ofen kaum aus den Augen lässt. Dieser anspruchsvolle und risikoreiche Prozess verlangt höchste Präzision, doch das Ergebnis ist beeindruckend und verleiht seinen Keramiken ihre unverwechselbare Eleganz.