Japanische Keramikstile

Japanische Keramikstile Kiln map Japan Brennöfen Karte

Japanische Keramikstile

Erkundung und Übersicht

Japanische Keramikstile - Kiln map Japan Brennöfen Karte
Imura-sans Holzofen in Toki
Imura-sans Holzofen in Toki
Die Erkundung der japanischen Keramikstile kann angesichts ihrer Vielzahl überwältigend sein. Um in diesem Dschungel an Namen und Stilen etwas Klarheit zu schaffen, geben wir in diesem Artikel eine Übersicht in vier Kategerien der verschiedenen Stile.

  1. Warum gibt es so viele japanische Keramikstile?

Die japanische Keramikszene ist für ihre erstaunliche Vielfalt bekannt. Diese Vielfalt ist das Ergebnis der einzigartigen geographischen Bedingungen Japans und seiner langen Geschichte. In den bergigen Regionen Japans, wo der Transport von Materialien und der Austausch von Ideen und Techniken begrenzt war, entwickelten Töpfer dadurch mit den verfügbaren Rohstoffen ihre eigenen, einzigartigen Methoden. Über die Jahrhunderte hinweg wurden neue Techniken und Stile aus Korea und China eingeführt und in die lokalen Traditionen integriert. Die relative Isolation ermöglichte es zudem den verschiedenen Regionen, ihre Praktiken zu optimieren, was daher zu einer Vielzahl von unverwechselbaren japanischen Keramikstilen führte. Viele dieser Stile sind dementsprechend nach den Regionen benannt, aus denen sie stammen, wie z.B. Shigaraki oder Karatsu.
Japanische Keramikstile Bizen Yakishime Tao Akira
Karatsu Keramik Kyouzan Chosen Karatsu Schale mit Chosen Glasur KINTEI Sense
Um die verschiedenen japanischen Keramikstile besser zu verstehen, ist es hilfreich sie in vier Hauptkategorien zu unterteilen. Diese Kategorien unterscheiden sich in Material, Brenntemperatur und Oberflächenbehandlung. Die wichtigsten Kategorien sind in Irdenware, Steingut, Steinzeug und Porzellan aufgeteilt.

  1. Japanische Keramikstile: 4 Hauptkategorien

  1. Irdenware (土器, Doki)

Irdenware ist die älteste Form der japanischen Keramikstile. Sie wird aus Ton gefertigt und bei niedrigen Temperaturen (unter 1000°C) gebrannt. Dadurch ist Irdenware poröser und weniger dicht als Steingut oder Porzellan. Meist unglasiert, weist sie eine raue Textur auf. Bekannte Beispiele für Irdenware aus Japan sind die prähistorischen Keramiken der Jōmon-Zeit (10.000 v. Chr. - 300 v. Chr.) oder der Yayoi-Zeit (300 v. Chr. - 300 n. Chr.). Von Hand gefertigt, wurden sie meist in offenen Feuerstellen gebrannt und dienten sowohl als religiöse Gefäße oder Objekte als auch zur Konservierung und Lagerung von Lebensmitteln. Bekannt aus dieser Zeit sind die erstaunlichen Jōmon-Vasen mit ihren markanten Seilabdrücken und Feuer- (oder laut neuer Auffassungen Wasser-) Verzierungen sowie die kleinen, kunstvollen Haniwa-Statuen der Kofun-Zeit (300 v. Chr. - 538 n. Chr.).
Met Museum Haniwa (Hollow Clay Sculpture) of a Warrior
Met Museum - Haniwa Skulptur - Kofun periode (ca. 300–710) 
Japanische Keramikstile - Erkundung und Übersicht Met Museum Jomon Gefäß
Met Museum - Gefäß Kaen Doki - Jōmon Periode (ca. 3500–2500 v. Chr.)

2. Steingut (陶器, Tōki)

Tōki, glasiertes Steingut, ist eine weitere bedeutende Kategorie der japanischen Keramikstile. Es wird aus Ton hergestellt und bei mittleren Temperaturen (1100–1250°C) gebrannt. Steingut ist robuster als Irdenware und wird oft glasiert, was es widerstandsfähiger macht. Somit eignet sich hervorragend für den täglichen Gebrauch.

Ab dem 8. Jahrhundert, in der Nara-Epoche (710 – 794), verbreiteten sich dreifarbige Sansai glasierte Keramiken, inspiriert von den typischen Keramiken aus Tang-China und das Vereinigte Silla-Reich, Korea. Bald wurden sie jedoch zugunsten von monochromen grünen Glasuren oder Ascheglasuren, die dem japanischen Geschmack eher entsprachen, vernachlässigt. Seto, in der Nähe des heutigen Nagoya, entwickelte sich in der Muromachi-Periode (1333-1573) zum wichtigsten, wenn nicht einzigen Zentrum für glasierte Keramik. Später entwickelten sich weitere Stile wie Mino, Karatsu und Hagi-Keramik sowie Raku. Diese Zentren erlebten mit der aufkommenden Begeisterung für die Teezeremonie ihre Blütezeit im 16. Jahrhundert. Auch heute sind sie noch mit der volkstümlichen Mingei-Keramik aus Mashiko, einem glasierten Stil, der in den 1920er Jahren durch Yanagi Sōetsu, Hamada Shōji und Bernhard Leach bekannt wurde, unter den wichtigsten Tōki-Stilen.

Auch wenn  Tōki-Keramik glasiert ist und jede Region ihren eigenen Stil durch unterschiedliche Rohstoffe und Einflüsse bedingt, legen japanische Keramiker dennoch großen Wert darauf, den “Geschmack des Tons”, also die Beschaffenheit und den Charakter des Tons, durch transparente Glasuren oder besondere Bearbeitung des Bodens zum Vorschein zu bringen.

Japanische Keramikstile Mino Ceramic Art Museum Hayashi Shotaro Shino Bowl
Mino Ceramic Art Museum - Hayashi Shotaro - Shino Teeschale
Japanische Keramikstile - Erkundung und Übersicht Ryuta Gama  Karatsu E hakeme Teller

3. Steinzeug (石器, Sekki)

Sekki, übersetzt Steinzeug, ist eine besondere Kategorie der japanischen Keramikstile, die unglasierte Keramik aus Ton umfasst. Die bei sehr hohen Temperaturen (zwischen 1200°C und 1300°C) gebrannte Keramik ist extrem dicht und robust. Die Tradition der unglasierten Yakishime Keramik entwickelte sich aus der Sueki-Tradition: die dunkle, grau-schwarze unglasierte Sueki Keramik war die erste hochgebrannte Keramik, die sich dank der Entwicklung der Anagama Brennöfen im 5. Jahrhundert stark verbreitete. Die zufälligen Effekte des Feuers und der Asche während des Brennvorgangs charakterisieren die Stücke, wie zum Beispiel die Vitrifizierung der Ascheglasur oder Yohen-Farbveränderungen.

Bekannte Stile sind Bizen, Shigaraki und Iga. Auch Tamba, Echizen und Tokoname gehören ursprünglich zu dieser Kategorie. Diese ästhetische Zufälligkeit des Feuers auf der unglasierten Keramik ist ein wesentlicher Bestandteil der Wabi-Sabi-Philosophie, die die Schönheit des Unvollkommenen und Vergänglichen zelebriert und somit besonders mit der Philosophie der Teezeremonie des 16. Jahrhunderts im Einklang steht.

Japanische Keramikstile Bizen Baba Takashi Tokkuri
Japanische Keramikstile Bizen Ware Art Museum Isezaki Jun
Bizen Ware Art Museum - Isezaki Jun - Bizen Gefäß, 2004

4. Porzellan (磁器, Jiki)

Porzellan wird aus feinem, weißen Porzellan- und Kaolin-Ton hergestellt und bei sehr hohen Temperaturen (über 1300°C) gebrannt. Japanisches Porzellan ist meist hitzebeständiger und auch robuster als Bone-China-Porzellan oder Porcelaine de Sèvres. Historisch entwickelte sich Porzellan ab dem 17. Jahrhundert in Japan, nachdem erste Entdeckungen von kaolinhaltigem Ton in Kyushu gemacht wurden.

Arita-, Imari- oder Kutani-Porzellan sowie Kyo-Yaki aus Kyoto zeichnen sich durch kunstvolle, farbintensive Bemalungen für den Export aus. Der hingegen lokale, etwas verhaltene japanische Geschmack bevorzugt Sometsuke-Porzellan, das in dezentem blauem Gosu, typische japanische Motive oder geometrische Muster auf weißem Porzellan verewigt.

Seto Gura Museum Sometsuke
Seto Gura Museum - Kato Tamikichi - Sometsuke Schale Edo, zweite Hälfte
Japanische Keramikstile Porzellan
Natürlich gibt es weit mehr Stile in Japan als hier kurz erwähnt. Wie die Weinwelt mit ihrem Terroir, hat auch die japanische Keramik ein breites Spektrum, das sich mit jeder Generation neu erfindet. Die Vielfalt der japanischen Keramikstile ist ein Ergebnis der unterschiedlichen geologischen und klimatischen Bedingungen sowie der reichen kulturellen Traditionen. Diese Stile spiegeln weiters auch die kontinuierliche Innovation und das handwerkliche Können japanischer Keramiker wider, die ihre Kunst über Generationen hinweg perfektioniert haben.

Bibliographie und Links:

https://www.nihonkogeikai.or.jp/en/ceramics

Christime Shimizu, Le Grès Japonais