KISARAGI GAMA Ash Glaze Kaiyū Ovale Schale
WERKSTATT

KISARAGI GAMA 如月窯 

TÖPFER

YUKINOURA YUICHI

雪ノ浦 裕一


STECKBRIEF

Ort Morioka, Iwate Präfektur, Japan
Gegründet 1985
Stil Kaiyū, Kohiki, Hakeme
Ofen Elektro-, Gasofen
Ton Lokaler Ton aus Morioka, Touno, Hanamaki, manchmal auch ein bisschen Shigaraki Ton
Glasur Natürliche Ascheglasur (Kaiyū) aus verschiedenen Apfelbaumästen
Taifun #14 Warnung in Morioka - ein Taifun von seltener Stärke, der in der Nacht zum Sonntag auf der südlichen Insel Kyushu wütete und sogar Tomokiyo-Sensei Tomokiyo Kuniodazu veranlasste mit seiner Familie in einem Hotel Zuflucht zu suchen, kehrte wider Erwarten auf den nördlichen Teil von Honshu zurück, nachdem er sich an der Ostküste entlang bewegt hatte. Glücklicherweise hatte der Taifun zu dem Zeitpunkt, als er Morioka erreichte, bereits einiges an Kraft verloren. Viel Wind und einiges Regen begleiteten mich auf dem Weg zu Yukinoura Yuichis Werkstatt. Inzwischen waren auch Tomokiyo-Sensei und seine Familie wieder sicher zu Hause!

EIN TAG IN DER KISARAGI GAMA WERKSTATT

Kisaragi bedeutet „Zweiter Monat“ und wurde so benannt, weil Yukinoura-Sensei und seine Frau beide im Februar geboren wurden. Sein Atelier liegt versteckt auf einem kleinen Hügel am nördlichen Ende von Morioka, direkt an einem kleinem See. Ein schöner Weg zwischen Rotkiefern führt dorthin. Es ist recht geräumig und bietet einen fantastischen Blick über die Stadt! Liebevoll pflegt er auch einen Garten von beeindruckender Vielfalt: Feigen, Artischocken, Erdbeeren, Spargel, Tarokartoffeln und vieles mehr! Auch Bienenstöcke im Hinterhof sind vorzufinden!

In seinem Atelier weckt der Geruch des "Katorisenko" - Räucherstäbchen, die die Mücken fernhalten sollen - Erinnerungen an meine Zeit in Japan und an mein eigenes Atelier in Frankreich. " Natsukashii " wie Prousts Madeleine!

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YUKINOURA YUICHI, von Mathematik zur Keramik

Kaum angekommen, zeigt Yukinoura-Sensei auch schon seine Keramik, wie er den Ton in seinem eigenen Garten schöpft, wie er sein eigenes Rezept für die Glasur und den Brennvorgang entwickelt hat. Und zu meiner großen Freude, führt Yukinoura-Sensei auch gleich spontan eine kleine Demonstration von zwei verschiedenen Techniken vor. Die Schnelligkeit und Leichtigkeit steht im Gegensatz zu den harten Vorbereitungen, die im Vorfeld erforderlich sind - wie die Beschaffung und Vorbereitung des Tons, die Herstellung der Gipsformen, die anschließende Behandlung mit Glasuren und das Brennen und natürlich die unzähligen Versuche, die nötig waren, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen! Wie Hamada Shoji über die Herstellung einer einzigen Tasse sagte, als er zu der Schnelligkeit des Drehs gefragt wurde: "15 Sekunden plus 60 Jahre"!

Ursprünglich studierte Yukinoura Yuichi Mathematik. Seine Faszination für Zahlen erkennt man in seinen Kreationen, angefangen bei den geometrischen Formen. Aber auch die Präzision mit der er arbeitet, vor allem in der Analyse und in der Herstellung des Tons, der Glasuren sind sicherlich auf seinen wissenschaftlichen Background zurückzuführen.

Seine Werkstatt, Kisaragi Gama, hat er in Morioka, Iwate Präfektur, errichtet. Diese Gegend ist jedoch für Keramik unüblich, da der lokale graue, helle Ton nicht einfach zu bearbeiten und noch weniger einfach zur Geltung zu bringen ist. Dennoch hat Yukinoura sich komplett den lokalen Gegebenheiten, seinem Terroir sozusagen, verschrieben.

KISARAGI GAMA MORIOKA

LOKALER TON

Yukinoura-Sensei verwendet drei verschiedene Arten von Ton, je nachdem welchen Stil er anstrebt:

- Seinen eigenen Ton aus Morioka, den er selbst aus seinem eigenen Garten schöpft. Dieser unbearbeitete Ton ist reich an Eisen und muss aufbereitet werden. Yukinoura-Sensei entfernt die großen Wurzeln und gröbere Unreinheiten, lässt aber gerne kleinere Steine oder Kiesel zurück, um dem Ton eine gewisse Struktur zu verleihen.

- Touno und Hanamaki Ton, ebenfalls lokaler Ton aus der Iwate Präfektur. Hanamaki Ton ist ideal für seine Ascheglasur, da er kleinere Fissuren (Cracks) in der Glasur erlaubt und somit ein feineres Glasmuster ergibt.

- Zusätzlich zum lokalen Ton, der wie gesagt an Plastizität mangelt und auch von der Farbe manchmal unzulänglich ist, mischt Yukinoura-Sensei auch teilweise Ton aus Shigaraki, Mino oder auch ein wenig Porzellanmasse aus Amakusa dazu.

KISARAGI GAMA Workshop and Atelier

GLASUREN AUS APFELBAUMASCHE

Bei meinen Recherchen über Yukinouras Arbeiten fiel mir nicht nur sein bewusstes Bestreben mit lokalem Ton zu arbeiten auf, obwohl dieser Ton eigentlich nicht für Keramik geeignet ist, sondern auch dass er diesen lokalen Gedanken durch den ganzen Entstehungsprozess zieht.

So verwendet er als Grundlage für seine natürliche Kayū Ascheglasur, Asche von Apfelbaumzweigen. Tatsächlich ist Iwate Präfektur mit seiner Vielfalt an verschiedenen Apfelbaumsorten als "die" Apfelregion Japans bekannt. Es gibt also reichlich davon!

Um das einzigartige wabi-sabimäßige grau-braun  seiner Schalen zu erreichen, führte er unzählige Versuche durch. Diese zeichnete er akribisch auf, wobei er mit Tonarten, Temperatur, Brennverfahren, verschiedenen Apfelbaumsorten, Glasurrezepten usw. jonglierte und die chemischen Veränderungen in verschiedenen Umgebungen, wie z. B. Eisen im Ton bei reduktiven oder oxidativen Brennvorgängen, genau verfolgte.

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KISARAGI GAMA Clay

BRENNELEMENTE und GLASEFFEKTE

Zum Brennen verwendet Yukinoura-Sensei hauptsächlich seinen Elektroofen, da der türkise Glaseffekt, den er mit der Kaiyū Ascheglasur erzielen will, mit diesem Ofen am besten zu erreichen ist. Ein Gasofen wäre zu willkürlich und nicht präzise genug. In seiner Werkstatt befindet sich ein beeindruckender Ofenraum mit 4 elektrischen Öfen und einem großen Gasofen. Und ich war auch erstaunt über die vielzähligen Ablageflächen - beeindruckend, wenn man bedenkt, dass er allein arbeitet!  Ich kenne einige Leute, die auf diesen Platz sicherlich neidisch wären.

Der Brennvorgang ist recht komplex, da die verschiedenen Stücke unterschiedliche Phasen von reduktivem und oxidativem Brand durchlaufen. Diese Phasen und ihre Reihenfolge beeinflussen das farbliche Endresultat, welches bei den Glaseffekten grünlicher, bräunlicher oder bläulicher sein kann.

Um den gewünschten Vitrifizierungseffekt zu erzielen, hat jedes Stück 4 Glasurschichten, die auf Apfelbaumasche und Feldspat basieren. Je nach farblicher Richtung kann auch z.B. Kobalt oder Mangan zugesetzt werden. Die erste Glasur, eine Ascheglasur mit Eisenoxid angereichert, wird dünn aufgetragen und bei einem ersten Schrühbrand auf 830°C gebrannt. Darauf folgt eine zweite Schicht, dieses Mal eine auf Feldspat-basierende Glasur, die wie die erste bei 830°C geschrüht wird. Schließlich werden die letzten beiden Schichten mit Ascheglasur nacheinander aufgetragen und bei 1280 °C glasiert.

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KISARAGI GAMA Kiln

YUKINOURAS PHILOSOPHIE

Yukinoura Yuichi setzt sein wissenschaftliches Vorgehen gezielt ein, um Tafelgeschirr zu machen, denn für ihn kommt die wahre Schönheit seiner Kreationen erst in Verbindung mit Essen zum Vorschein. Auch wenn er für Ausstellungen in Japan skulpturale Werke macht, so bleibt für ihn das Bodenständige, das Funktionelle von größter Bedeutung.

Daraus resultiert eine wunderbar weiche, poetische Keramik. Seine Kaiyū  Glasur erwegt dank ihrer nartürlichen Farben und durch die Vitrifizierung, die wie Glas in verschiedenstem Glanz das Geschirr belebt, frische Bergseen. Auch bei den Formen, die sehr geometrisch sind, erkennt man seine mathematische Seite wieder.

Nach all diesen Erklärungen und Vorführungen wurde ich in die Höhle von Alibaba eingelassen, ein kleiner Ausstellungsraum mit Blick auf die Stadt. Oh... eine Auswahl von Stücken aus all den wunderbaren Kreationen zu treffen ist so eine schwierige Sache! Ich habe versucht, die Auswahl kohärent zu gestalten und mich auf Stücke aus einheimischem eisenhaltigen Ton konzentriert, die reduktiv gebrannt wurden, um diesen einzigartigen grauen Glanz mit dem smaragdgrünen Glaseffekt der Apfelascheglasur zu erzielen.

Wie immer ist jedes Stück ein Unikat!